2010 – Migration et intégration

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des enjeux concrets pour la practique de la politique criminelle

Le phénomène migratoire est de plus en plus massif et généralisé : il touche plus de 150 millions de personnes de par le monde. Depuis le début des années 90 ce sont les pays industriels de l’Ouest qui sont la cible privilégiée d’immigration.

L’intégration de migrants soulève bien des défis dans les états d’accueil. La migration s’accompagne de charges importantes et de nombreux risques que les comportements et les réactions de citoyens et d’institutions des pays d’accueil renforcent souvent.

Il convient de s’interroger, d’une part sur les liens entre migration, illégalité due à l’absence de titre de séjour et criminalité, d’autre part sur la possible réaction de la politique criminelle face à ces défis.

Durant ce colloque européen nous voulons nous pencher de plus près sur la façon dont on agit avec les migrants – ceci tant d’un point de vue général que de celui de divers pays européens.

Quels sont les facteurs qui influencent l’intégration ? Des barrières d’accès, des difficultés de communication et des situations de vie en lien avec la migration rendent l’intégration plus difficile. Qu’est-ce qui permettrait une meilleure intégration?

Le but du colloque est de permettre un échange ouvert et créatif entre les intervenants et les participants, afin qu’ils s’enrichissent réciproquement et, développent de nouvelles idées.

Nous pouvons seulement présenter le résumé en allemand:

Freitag, den 11.06.2010

Chancen der Integration von Migranten
Dr. Haci- Halil Uslucan, Privatdozent, Berlin, Deutschland

Die Tagung begann mit dem Referat von Dr. Haci-Halil Uslucan, einem ausgewiesenen Fachmann zum Thema Migration. Er wurde kürzlich zum Leiter des Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung ernannt.
Er erläuterte die Migration aus geschichtlicher Sicht, um dann auf aktuelle Hintergründe für die Migration einzugehen, die aus sog. Push- und Pull- Faktoren bestehen. Sodann beschrieb er die Probleme, die mit dem Kulturwechsel zusammenhängen. Im Kern ging er auf das Modell des Kulturkonflikts ein. Dr. Uslucan stellte überzeugend dar, dass dieses Modell zu verwerfen ist. Es stelle sehr einseitig auf (negative) Ursachenzuschreibung, Bereicherung und Verlust sowie auf eine nicht vorhandene Homogenität der Kulturgruppen ab.
Stattdessen empfiehlt er ein interaktives Akkulturationsmodell. Akkulturation ist der Prozess, der erfolgt, wenn Menschen aus einer Kultur in eine neue Kultur hinein wachsen. Dieses Modell zielt auf Akkulturationsorientierungen sowohl in der aufnehmenden Gesellschaft wie auch bei den Einwanderern, die entweder Integration, Assimilation, Segregation oder Marginalisierung fördern. Wesentlich ist, dass dabei nicht nur auf den Ausländern geschaut werden darf, sondern die eigenen Werthaltungen in der aufnehmenden Gesellschaft eine Rolle spielen.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass die stärkste Orientierung muslimischer Migranten in Berlin auf Integration liegt. Die zweitstärkste Gruppe setzt auf Separation, in ihr ist das Konfliktpotential vorhanden. Diese Ergebnisse hält er auch für übertragbar, da z. B. die jüngste Gewaltstudie vom KFN Hannover, diese Erkenntnisse stützt. Danach ging er auf die Gründe für Akkulturationshemmnisse ein, die wesentlich in der 3. Generation und der – subjektiv empfundenen – Diskriminierung liegen.
Diese Probleme werden in den Migrantengenerationen durch transnationale Ehen reproduziert. Abschließend beschrieb er Chancen, die mit Migration und Integration einhergehen. Dazu gehört z. B. uneindeutige Situationen auszuhalten (Ambiguitätstoleranz). Migration muss daher auch als Bereicherung für die Mehrheitsgesellschaft verstanden werden.

Zur Menschenrechtssituation von Ausländern in Belgien
Manuel Lambert, Vertreter der Menschenrechtsliga Belgien, Brüssel, Belgien

2008 gab es Empfehlungen der UNO zur Abschaffung von Diskriminierung, die die Situation in Belgien betreffen. U.a. wurde festgestellt, dass Ausländer von der Justiz strenger bestraft und mit Maßnahmen belegt werden als Belgier. Manuel Lambert erläutert einige Gründe dafür, schließt jedoch aus, dass Fremdenhass eine Rolle spielt.
Studien belegen, dass ausländische Jugendliche von vornherein nicht krimineller sind.
Es gibt jedoch viele Faktoren, die sich ungünstig auf die Entwicklung von ausländischen Jugendlichen auswirken, so z. B. die Situation in Vororten mit hohem Migrantenanteil. Ausländische Jugendliche werden häufiger kontrolliert und fallen dementsprechend auch häufiger auf. Diese Stigmatisierung setzt sich im Verfahren bei der Justiz fort. Bei Ausländern wird häufiger Untersuchungshaft angeordnet als in vergleichbaren Situationen bei Belgiern.
Diese Situation ist in Belgien mittlerweile zu einem politischen Problem geworden. Das führt dazu, dass ein sachlicher Umgang damit sehr schwer ist.
Auch im Strafvollzug sind Ausländer überproportional vertreten. Die Anstalten in Belgien sind überbelegt, zum Teil werden schon Haftplätze in Holland oder Luxemburg angemietet. Zwischen der politischen Situation und der schärferen justiziellen Reaktion besteht eine Wechselwirkung.
Der „typische » Inhaftierte in Belgien ist männlich, 30 Jahre alt, hat eine schlechte Schulbildung und einen Migrationshintergrund. Untersuchungen belegen, dass vor allem eine mangelnde Wertevermittlung im Elternhaus ursächlich für abweichendes Verhalten ist. Haft verstärkt diese Defizite noch.
Eine spezielle belgische Situation ist, dass die Strafmündigkeit erst mit 18 Jahren beginnt und damit der Umgang mit straffälligen Jugendlichen problematisch ist.
Herr Lambert stellt fest, dass auch auf europäischer Ebene die Frage der Migration immer häufiger mit Kriminalität verknüpft wird. Dabei wird zunehmend in sog. „gute und böse » Migranten unterschieden. In Gute, die dem Staat dienen und in Schlechte, die dem Staat schaden. Dies wirkt sich offensichtlich auf staatliches Handelns aus, dabei sollten alle Menschen vor dem Gesetz gleich sein.

Besichtigung der Jugendhilfe-Einrichtung in Namur

Der Nachmittag stand im Zeichen eines Besuches des Institution Publique de la Protection de la Jeunesse Saint Servais in Namur. Hier werden unter anderem kriminell auffällige Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren behandelt. Der Hintergrund ist, dass in Belgien die Strafmündigkeit erst mit 18 Jahren beginnt. Insofern ist das Institut eine offene Jugendhilfeeinrichtung. Dennoch gibt es dort die Möglichkeit, für kurze Zeit (14 Tage) Mädchen auf eine geschlossene Abteilung mit insgesamt 5 Plätzen aufzunehmen. Dort gibt es eine sehr intensive individuelle Begleitung. Anschließend werden diese Mädchen auf eine der zahlreichen Erziehungs-Abteilungen verlegt.
Die Leiterin der Einrichtung, Marie-Christine Delbovier, führte in die Entstehung der Einrichtung und die Struktur von 4 verschiedenen Behandlungstherapien ein, dann wurden die einzelnen Häuser und die Schule besichtigt. In einer abschließenden Diskussionsrunde wurde deutlich, dass die Kapazität der Einrichtung mit 40 Plätzen für den gesamten französisch sprechenden Teil Belgiens sehr begrenzt ist und daher viele Mädchen in anderen, zum Teil psychiatrischen Einrichtungen untergebracht werden.

Einige Eindrücke des Besuchs in Namur:

Samstag, den 12.06.2010

Länderberichte

Projekt Transfer Interkultureller Kompetenz (TIK)
Jens Splettstöhser, Polizeidirektor, Berlin, Deutschland

Der Referent trug zunächst die bundesrepublikanische Situation der Zuwanderung vor. Im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung zogen in den 1960er Jahren beginnend Italiener, Portugiesen und später auch Türken zu. Diese Arbeiter blieben und haben ihre Familien nachgeholt. Die zweite Welle begann in den 1990er Jahren (Glasnost) mit dem Zuzug von deutschstämmigen Migranten aus den osteuropäischen Staaten und Asylbewerbern. In der Verteilung sind die Türken die stärkste Ausländergruppe in Deutschland. Die Migranten verteilen sich vor allem auf die Ballungsräume in Deutschland. In Berlin ist der Migrantenanteil besonders im Bezirk Mitte sehr hoch.
Jens Splettstöhser ging dann auf die Probleme im Zusammenhang mit Ausländern ein. Dies ist vor das Problem der Kriminalität mit einem beständigen Anteil der Ausländer von ca. 30% an allen Tatverdächtigen. Er schilderte, dass Ausländer einige Delikte, wie z. B. Drogenhandel, nahezu beherrschen. Als eine Ursache arbeitet er die „Gettoisierung » von Ausländern heraus. Dies führt dazu, dass Ausländer kein Deutsch lernen müssen und sich abschotten. Politische Versuche, die Ursachen zu beseitigen, sind gescheitert. Er ging auf vielfältige politische Aktivitäten bis hin zur Islamkonferenz ein.
Die demografische Entwicklung bei Migranten weist darauf hin, dass geburtenstarke Jahrgänge auf uns zu kommen. Dies bedeutet für staatliche Institutionen, dass sie sich darauf einstellen müssen. Die Berliner Polizei will die interkulturelle Kompetenz ihrer Mitarbeiter stärken und auch Migranten einstellen und stärker mit Migrantengruppen zusammenarbeiten. Dann stellte er die Entwicklung des Projektes „Transfer interkultureller Kompetenz » (TIK) vor und bot begleitende Medien für die Zusammenarbeit mit Migrantengruppen an (hier – steht in Kürze zur Verfügung). Das Projekt ist mittlerweile auf ganz Berlin ausgedehnt und von 7 deutschen Städten übernommen worden.
Er ging auf spezifische Fortbildungsmaßnahmen in der Polizei ein (im Schwerpunkt religiöse und kulturelle Inhalte der Migrantengruppen und Kommunikation). Ziel ist, dass jeder Polizeibeamte in Leitungsfunktion sein eigenes kleines Netzwerk mit Migranten in seinem lokalen Bereich bildet.
Dann stellte er verschiedene Projekte unter dem „Dach » TIK in Berlin vor. Dies sind u. a. „Stark ohne Gewalt », „Velomenal », (Fahrradkurs für junge Migrantinnen), ein Filmprojekt „Deutsch Arabische Freundschaft », „Stopp TOKAT », (Thema: Raub unter Schülern), „Wedding meets Hellersdorf », (Austausch zwischen Schülern aus verschiedenen Stadtteilen). Abschließend beschrieb er eine typische Kooperation mit einem Moscheeverein.

Die aktuelle Asylpolitik in Frankreich
Pierre Henry, Generaldirektor von Terre d’ Asile, Paris, Frankreich

Pierre Henry stellt zunächst seine Einrichtung vor, die mit 500 hauptamtlichen Mitarbeitern in Frankreich Asylbewerber berät. Er weist insbesondere darauf hin, dass die Gruppe der Flüchtlinge in der französischen Gesellschaft zunehmend kriminalisiert wird. Die Europäische Union hat Frankreichs Umgang mit Ausländern kritisiert. Ursache dafür ist eine aktuelle konservative Strömung in seinem Land. Er stellt dies am Beispiel der Ausländerpolitik seines Landes dar.
Anders als in anderen europäischen Ländern mit klaren Strafbestimmungen im Ausländerrecht hält Frankreich eine Vielzahl von Bestimmungen vor, die dazu dienen, Ausländer und Dritte mit hohen Strafandrohungen zu überziehen. Hierbei vermischt sich Straf- und Verwaltungsrecht. Seit 2002 hat es fünf verschärfende Gesetze gegen Ausländer gegeben. Dies ist auf die Politik von Sarkozy zurückzuführen – sowohl noch als Innenminister wie auch als Präsident.
Dann schilderte er das besondere Problem der langen Unterbringung in Abschiebehaft ohne richterliche Kontrolle. Selbstverständlich ist es das Recht eines Staates, Menschen abzuschieben und dafür Abschiebehaft vorzu¬sehen. In diesem besonderen Fall ist es für ihn jedoch der wichtigste Aspekt der Kriminalisierung von Migranten, weil viele ausländische Menschen in diese Haftform genommen werden, obwohl sie nicht zurück-geführt werden. Es ist ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Freiheit und darüber hinaus ein sehr teures System. Dies geschieht vor allem aus politischen Gründen, um die Bevölkerung zu beruhigen. Der Verein Terre d´ Asile denkt deshalb über Alternativen zur Abschiebehaft nach. Es setzt sich auch für eine Vereinheitlichung der Asylpolitik in Europa ein.

Wachstum und Immigration in Luxemburg
Carlo Reuland, Justizvollzugsanstalt Schrassig, Luxembourg

Carlo Reuland beschreibt die historische Entwicklung der Immigrationsbewegung in Luxemburg, die Ende des 19. Jahrhunderts mit der Entwicklung der Eisenindustrie begann. Es gab daraufhin verschiedene Zuzugswellen, die zuletzt mit der Balkankrise bis in die heutige Zeit reichen. Der Ausländeranteil in Luxemburg beträgt 46%, davon sind mehr als die Hälfte Portugiesen. 62% der Arbeitsplätze in Luxemburg sind von Ausländern besetzt, täglich kommen 150 000 Grenzgänger zur Arbeit nach Luxemburg. Luxemburg ist eine multikulturelle Gesellschaft geworden. Es hat sich allerdings als ein „Nebenher » von einzelnen Gruppen entwickelt. Der soziale Zusammenhalt ist allerdings gegeben, da es ein Modell ist, das auf Konsens ausgerichtet ist.

Anschließend geht er auf die Situation in den 3 Gefängnissen des Landes ein. Bei 500 000 Einwohnern hat Luxemburg seit 2007 regelmäßig 700 Gefangene. Dies ist überdurchschnittlich (1,4 Gefangene auf 1000 Ew.). Der Anteil sind 75% Ausländer und 25% Luxemburger. Den größten Anteil machen auch hier die Portugiesen aus. Eine spezielle Anstalt für U- Haft ist in Planung.

Abschließend geht Herr Reuland auf die aktuelle Immigrations- und Asylsituation ein. Der Umfang stellt sich mit ca. 300 Asylanträgen im Jahr 2009 insgesamt als unauffällig dar. Im nächsten Jahr wird eine Abschiebehaftanstalt mit 80 Plätzen in Betrieb genommen. Die wirtschaftliche Situation in Luxemburg ist zurzeit von der Finanzkrise geprägt, da die Wirtschaft in besonderem Maße als Finanzplatz wirkt. Dies hat Auswirkungen auf Sparmaßnahmen des Landes.

Migration und Integration – Konkrete Herausforderungen für die Praxis
Caroline Engel, Rechtsanwältin, Zürich, Schweiz

Migration und Integration sind heute prägend für die Gesellschaft in der Schweiz.
In der Schweiz leben ständig knapp 8 Millionen Einwohner. Der Anteil von Bewohnern mit Migrationshintergrund beträgt ca. 30%. Davon hat ein Drittel die Schweizer Staatsbürgerschaft. Mehr Ausländer haben nur noch Luxemburg und das Fürstentum Liechtenstein. Die stärkste Ausländergruppe sind die Italiener mit 17,5%, gefolgt von den Deutschen mit 14,1%. Es folgen Portugal (11,8%) und die Türkei (4,3%).
Es besteht ein Zusammenhang zwischen Staatsangehörigkeit und Integration. Ausländische Erwerbstätige sind jünger und weniger in Führungsfunktionen als schweizerische. Lohnunterschiede sind offenkundig. Schweizer (2,5%) sind weniger erwerbslos als Ausländer (6,2%).
Personen mit Migrationshintergrund werden in den Schweizer Medien in der Kriminal-berichterstattung eher negativ herausgestellt. Positive Seiten der Migration sind in der medialen Darstellung verschwunden.
Seit 2009 werden alle Kriminalfälle erstmals einheitlich erfasst. Danach sind 29 % Tatverdächtige Ausländer, die in der Schweiz leben, und 14% Ausländer die keinen festen Wohnsitz in der Schweiz haben. Sie sind ebenfalls in der Verurteiltenstatistik überrepräsentiert. Besonders auffällig sind sie bei Gewaltdelikten.
Caroline Engel stellte ein Schweizer Forschungsprojekt zur Delinquenz von Jugendlichen aus Südosteuropa in der Schweiz im Vergleich zur Jugenddelinquenz in Bosnien-Herzegowina vor. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Jugendlichen in Bosnien- Herzegowina weniger gewalttätig sind. Die Resultate richten den Focus in erster Linie auf die Integrationssituation. Hier sind die Ansätze für Verbesserungen zu suchen.
Weiterhin beschrieb sie eine eidgenössische „Ausschaffungsinitiative » nach schwer-wiegenden und mittelschweren Straftaten von Ausländern. Dazu gehören aber auch Eigentumsdelikte, Betrug und Sozialhilfemissbrauch. Diese Initiative kommt vom rechten politischen Spektrum. Ein Gegenvorschlag schränkt den Deliktskatalog auf ausschließlich schwere Straftaten ein. Der Volksentscheid wird im Herbst stattfinden.
Abschließend ging sie auf Maßnahmen des Bundes zur Förderung von Integration ein, die im Kern aus den Modulen Integrationsvereinbarung, Sprache und Bildung sowie (regionalen) Fachstellen für Integration bestehen.
Sie wünscht sich eine vermehrt differenzierte Wahrnehmung der Kriminalpolitik bei der Herkunft von delinquenten Ausländern und mehr Maßnahmen zur Integration. Einseitigkeit und Hetze bringen bei der Problemlösung nicht weiter.

Migration in Frankreich mit einem Blick auf die französischen Vororte
René Foltzer, Mulhouse, Frankreich

Auch in Frankreich ist man mittlerweile bei der Dritten Einwanderergeneration angekommen. Der Ausländeranteil beträgt 8,1%. Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage verschärft sich die innenpolitische Situation. Die „Besitzenden » versuchen auf Kosten der Schwächeren, dazu gehören auch Immigranten, ihre Privilegien zu erhalten. Die Angst, abzusteigen, ist in der Mittel- und Oberschicht noch nie so groß gewesen. Diese Angst, so René Foltzer, ist ein französisches Übel und fördert die Gettoisierung in den Vororten.
Diese Vororte gibt es vor allem in den Ballungszentren. Sie machen eine Konzentration von Sozialwohnungen und damit eine Bevölkerung mit niedrigem Einkommen aus. Der größte Teil hat einen Migrationshintergrund. Über ein Drittel lebt unter der Armutsgrenze, bei Jugendlichen ist es die Hälfte. Das niedrige Bildungsniveau und eine hohe Arbeitslosigkeit führen zu dem Gefühl des Ausgeschlossenseins und zur sozialen Marginalisierung. Dies geht einher mit einer hohen Kriminalitätsrate. Polizeiliche Maßnahmen führen nicht selten zu Gegenreaktionen bis hin zu tagelangen Aufständen. Politische Versuche, die Situation auch mit umfangreichen Haushaltsmitteln in den Vororten zu befrieden, blieben bislang ohne spürbare Erfolge. Mittlerweile haben durch die aktuelle wirtschaftliche Lage auch wieder Kürzungen des Budgets für diesen Bereich stattgefunden. Eine Verbesserung der Situation wird offensichtlich auf die lange Bank geschoben.
Aber auch im lokalen Bereich laufen Bemühungen um Verbesserungen. So hat der Bürgermeister von Clichy einen Verein „Stadt und Vorort » gegründet, dem alle Parteien angehören. Er bedauert, dass sich die Politik nur dann für die Situation interessiert, wenn es „brennt ». Bevorzugt wird dann die Nationalpolizei geschickt, die sehr repressiv vorgeht. Insbesondere die Konzentration von Armut und Ausländern in Gettos gefällt vielen Privilegierten. Mittlerweile haben sich die Strategien verbessert. Zunächst setzt die Mediation ein, bevor als ultima ratio auch staatliche Gewalt zum Einsatz kommt. Darüber hinaus sind eine Verstärkung der Jugendhilfeeinrichtungen und eine bessere Vernetzung der kommunalen und staatlichen Institutionen erforderlich.

Die Tagung in der Rückschau der 30 TeilnehmerInnen aus 5 Nationen:

Es war ein thematisch sehr aktuelles und interessantes Seminar mit hervorragenden Referenten. Es war für alle bereichernd und anregend, da es einen guten Überblick über die Ländersituationen und viele Praxisbeispiele gab. Es sind offensichtlich weniger gesetzliche Maßnahmen erforderlich, sondern ganz praktische Maßnahmen und gute Beziehungen zwischen den Akteuren. Von vielen wurden der gute, verbindende Geist in der Seminargruppe und die sehr familiäre Atmosphäre des Seminars gelobt. Es ist besonders interessant, Informationen aus den Nachbarländern zu bekommen. Das Beispiel der Präventionsarbeit in Berlin sollte europaweit Schule machen. Die Veranstaltung schließt mit der Vision, die vielfach vorhandene Angst in den Gesellschaften in Vertrauen umzuwandeln.

Wenn das Leben keine Vision hat, nach der man sich sehnt,
die man verwirklichen möchte, dann gibt es auch kein Motiv,
sich anzustrengen.
Erich Fromm